Provokation und Lachen

Provokation und Lachen ©Foto Kathrin Stamm

Pfffffft. So eine Frechheit! Das würde ich nicht wagen zu sagen. Mir klappte die Kinnlade herunter. Ich war auf einer Fortbildung zu provokativer Therapie. Das hatte ich schon seit Jahren anvisiert. Endlich hatte es geklappt. In der ersten Reihe sah ich live zu, wie die Provokative Systemspezialisten Eleonore Höfner eine freiwilligen Klientin nur 15 Minuten provokativ coachte.  Alles, was sie sagte verstieß gegen Etikette und Norm. Vor allem gegen die „Therapeutenetikette“. Obwohl Eleonore Höfner gerade die ver-rückten Vorstellungen von Normalität, Vorurteilen und schrägen Gedanken ansprach, die bei jedem Menschen in einer geheimen Ecke herumgeistern.  Das war  Anlass zu Heiterkeit sowohl bei der Klientin (erstaunlicher Weise) als auch bei den zuschauenden Teilnehmern. Provokation und Lachen oder Lachen und Provokation. Hm, schon merkwürdig.

Hinterher wurde die Klientin gefragt, ob sie das Coaching unverschämt empfand. Zum Erstaunen aller sagte sie:  „Nein. Ich habe mich irgendwie verstanden gefühlt. Ich begreife allmählich, was Verrücktes in meinem Kopf abgeht.“

Der Sache gehen wir gleich auf den Grund. Und eine provokativeSelbstcoaching-Übung wartet auch auf dich.

Hilfreiche Provokation – wie geht das?

Ich war einfach nur geplättet. Also einfach alles sagen, was man denkt und nicht auszusprechen wagt? Frech und dreist? Ist das der Trick bei provokativer Therapie?

Ich persönlich fühle mich unwohl, wenn Menschen mich provozieren. Jedenfalls die wenigen, die das in meinem Bekannten- und Familienkreis tun. Eine Zeit lang kann ich mitlachen oder kontern. Schnell habe ich jedoch genug davon. Es macht mir einfach keine Freude auf Kosten anderer zu lachen. Ich habe ja bereits in dem Beitrag Worüber lachst du? beschrieben, dass ich eher ein Nonsens-Humortyp bin. Wenn du in den Artikel rein klickst, findest dort auch einen Test, welcher Humortyp du bist. Jedenfalls liegt mir als Nonsens-Lachtyp das Lachyoga so sehr.  :-)

Zurück zur Frage, ob  frech und dreist sein ausreicht für Provokative Therapie. Wiederum ist ein klares Nein ist die Antwort. Denn Eleonore Höfner erklärte sinngemäß: Ja, es fühlt sich erst Mal an, als würde man jemanden mit dem LKW überfahren. Von außen denken viele: was fällt ihr ein, das auszusprechen? LKW heißt jedoch in dem Zusammenhang etwas völlig anderes.

Die Bedeutung des LKW

Provokation und Lachen ©Foto Kathrin Stamm

Im Zusammenhang mit provokativer Therapie heißt LKW Liebevolles Karikieren des Weltbilds des Klienten.

Der wichtigste Punkt ist der erste, das L für liebevoll, emphatisch und mit Verbindung. Sonst wirkt und wird es sarkastisch, ironisch und verletzend.

Das K für karikieren beantwortet die Klientin aus dem obigen Beispiel selbst. Dass sie allmählich begreife, was in ihrem Kopf abgeht. Dass sie durch Übertreibung, Verallgemeinerungen, auf die Spitze getriebene Zukunftsvision (wenn es so weiter geht ohne Änderung) und absurde Lösungsvorschläge der Therapeutin beginnt zu erkennen, welche ver-rückten Dinge sie denkt. Erst wenn das Bewusstsein dafür da ist, kann die Klientin es in den folgenden Tagen allmählich wieder zurecht rücken. Das Denken und vielleicht auch neue Handlungen.

Auch das W für Weltbild des Klienten setzt viel Einfühlungsvermögen voraus. Daher hat sich die Klientin in dem obigen Beispiel so verstanden gefühlt. Weil es in einer Ecke von ihr tatsächlich so ver-rückt denkt.

Nun will ich hier nicht zu sehr ins Detail gehen und dich langweilen mit therapeutischen Finessen. Das ist ein anderes Thema. Spannend wird es jedoch mal liebevoll mit dir selbst provokativ zu sein. Falls du zu einem kleinen Abenteuer bereit bist.

Da ich eine Frau der Praxis bin, habe ich hier einen Übungsvorschlag für dich.

Liebevolle Provokation und Lachen – Eine Übung mit dir selbst.

Achtung: die Übung ist nur für dich, wenn du dich selber im Grunde deines Herzens gut leiden kannst. Wenn du dich trotz deiner Macken ganz annehmbar findest. Wenn das nicht so ist, lass lieber die Finger von der Übung. Du würdest dich selbst kränken und verletzen. Und wer will denn schon so was? Mal von einigen Masochisten abgesehen. Aber zu denen gehörst du vermutlich ja nicht.

Bevor wir mit der Übung loslegen, teile ich meine kurze Beobachtung der gegenwärtigen Situation. Das Jahr neigt sich dem Ende. Die Festtage sind verdammt nah. Die Hektik – nicht nur um mich herum – nimmt zu. Der Straßenverkehr und die Schlangen in den Buch- und Geschenkeläden ebenfalls. Eine gewisse Torschlusspanik auch. Was vier Zahlen und zwei Punkte so alles auslösen können: 24.12. Wenn das in deiner Umgebung nicht so ist, herzlichen Glückwunsch. Du lebst dann entweder einsam in der Wüste, im Urwald oder auf einem anderen Planeten. Da ist es bestimmt auch schön…

Wenn du bei dir selbst schaust, was steht denn noch alles auf deiner Agenda bis Weihnachten? Ist das überschaubar oder stellt es dir die Haare zu Berge? Ahnst du schon, dass du und die ganze liebe Familie k.o. und erschöpft von den wirklich notwendigen Verpflichtungen und Erledigungen am Weihnachtstisch sitzen? Oder hast du alternativ deine Flucht perfekt geplant und sitzt am 24.12. mit Cocktails in der Karibik? Dann hast du bis dahin auch noch alle Hände voll zu tun, oder? Bei dir ist es nicht so? Herzlichen Glückwunsch. Du brauchst nicht weiter zu lesen.

Ein bisschen was davon ist dran? O.k. dann geht es dir wie mir, obwohl ich mir natürlich vormache, dass ich alles gut im Griff habe, genug Zeit eingeplant habe und vielleicht schon entschieden habe, was ich doch nicht mehr dieses Jahr machen muss. Ha ha ha. Es wird anders kommen. Jedenfalls ein bisschen.

Hast du Lust auf die Übung? Ich nenne sie Übung mit Provokation und Lachen

Teil 1 der Übung Provokation und Lachen

Dann schnapp dir Stift und Papier und schreib nur 3-5 Dinge auf, die du noch bis Weihnachten erledigen willst.

Damit es dir leichter fällt, hier mein eigenes Beispiel.

Also. Auf meiner Liste steht:

  1. Weihnachtskarten verschicken,
  2. Essensvorräte einkaufen für die Familienfeierlichkeiten
  3. Podcastscripte schreiben und Aufnahmen weiter machen
  4. Newsletter für kurz vor Weihnachten
  5. Und nicht zu vergessen: Putzen!

Damit ist die Liste natürlich noch lange nicht zu Ende. Deine etwa?

Ok.

Teil 2 der Übung Provokation und Lachen:

Sage zu dir selbst, was du tun musst, indem du

  • maßlos übertreibst,
  • verallgemeinerst,
  • in Zweifel ziehst, dass es sich ändern oder durchführen lässt
  • und dir selbst verrückte Vorschläge dazu machst.

Jetzt ist das liebevolle Karikieren deines eigenen Weltbildes gefragt. Achtung, du könntest dich selbst bei einigen ver-rückten Gedanken und Überzeugungen ertappen. Die Gefahr besteht, dass du dich daraufhin womöglich änderst. Wenn du das auf keinen Fall möchtest, tu es lieber nicht!

Zur Illustration mein eigenes Beispiel:
  1. zum Verschicken der Weihnachtskarten: Alle Menschen verschicken Weihnachtskarten. Wenn du keine verschickst, denken die Leute, du bist doch gestorben dieses Jahr. Oder dass du sie nicht mehr leiden kannst. Besonders hilfreich ist es, sie am 22. Abzuschicken. Dann können diejenigen, die dich vergessen haben, dir nicht mehr schnell noch ein Unicef-Kärtchen zurückschicken und prompt haben sie ein schlechtes Gewissen. Da stehst du besonders fein da, wenn du so spät erst schreibst. Dann fühlen sie sich in deiner Schuld und du hast nächstes Jahr auf jeden Fall schon mal was gut.
  2. Zum Thema Essensvorräte einkaufen: Obwohl dieses Jahr nur der Montag ein Feiertag ist, solltest du wirklich am besten für den ganzen Januar einkaufen, Kathrin. Denn wie du weißt: Die Regale sind kurz vor Weihnachten immer leer geräumt. Und das bleibt dann zumindest bis zum neuen Jahr so, damit es nicht so viel Arbeit macht mit der Inventur. Also du bist es ja nicht, die die Regale leer kauft. Es sind immer die Anderen. Du kaufst nur deswegen so viel ein, damit sie nicht vor dir das Regal leer geräumt haben. Stell dir mal vor, es gibt dein Lieblingsbrot nicht? Du müsstest ein anderes essen? Auch deine Lieben müssten auf so ekligem Kamutbrot rumbeissen, weil du nicht rechtzeitig daran gedacht hast, Essener Brot zu bunkern. Ne, Kathrin, am besten änderst du nix. Ist doch praktisch. Du hast locker bis Ende Januar Zeit, den Kühlschrank leer zu essen.
  3. zum Thema Podcast im Januar starten: Tja Podcast. Kathrin, lass es sein. Es ist völlig sinnlos. Du wolltest im Oktober den Podcast starten. Warum sollte es jetzt Januar sein? Bestimmt sind deine Newsletterleser eh schon alle enttäuscht. Sie denken: die klopft nur leere Sprüche. Lass es einfach bis Sommer liegen, dann haben sie wenigstens Recht. Dann kannst du dich entspannen und im Sommer haben sie es eh vergessen. Machs dir doch nicht so schwer!
  4. Newsletter kurz vor Weihnachten. Kathrin, du spinnst, willst du echt die Leute nerven? Die Leser werden eh alle zubombadiert mit Zeugs und sind im völligen Jahresendstress. Wieso sollten sie noch DEINEN Newsletter lesen, sich mit Heiterkeit und Frohsinn oder gar Lachen befassen? Das Leben ist ernst, basta. Vergiss es einfach. Da wird eh nix draus. Immer musst du diesen Stress machen – dir und anderen. Stell dir mal vor, wie viele Leute den Newsletter löschen müssen. Naja, wenn du es unbedingt machen willst. Pft – bitteschön. Mehr als die Leute vergraulen kannst du ja nicht.
  5. Thema Putzen, haha. Das wichtigste am ganzen Weihnachtsfest. Keiner spricht darüber. Alle reden vom Fest der Liebe und so einen Blödsinn. In Wirklichkeit ist es der beste Anlass, die Bude auf Hochglanz zu bringen und den Besuchern vorzugaukeln, man säße immer in so einem Vorzeigehaus. Dann bekommen sie alle ein schlechtes Gewissen, weil sie es nicht so geschafft haben und weil es nicht das ganze Jahr so aussieht bei ihnen. Zack und schon bist du bewundernswürdig. Eine Heilige geradezu. Die immer alles sauber und ordentlich hat. Lächelnd und pünktlich am elegant gedeckten Weihnachtstisch. Ganz nebenbei erwähnst du dann, dass du gar nicht viel dafür tun musstest. Dann schließen deine Gäste daraus, dass es immer so sauber und ordentlich bei dir ist. Denn Ordnung, Sauberkeit und ein schön dekorierter Raum sind nun mal in unserer sonst so wertearmen Gesellschaft wichtig. Das muss hoch gehalten werden. Du kannst dir also wieder einen Orden verdienen, Kathrin.

So, ich merke, wie ich  mich ertappe. Die ganze Zeit grinse ich über mich selbst. Ich glaube Weihnachten ist so eine Gelegenheit, wo wir alle heilig werden können. Oder scheinheilig. Ach wie schön, wenigstens das.

Mich hat die Übung sehr entspannt. Ich lasse das jetzt weiter auf mich wirken. Überrascht war ich, mich mal wieder als Perfektionistin zu erwischen. Jedenfalls in einer Ecke gibt es sie noch und sie ist kooperations bereit zum Auftritt. Wenigstens Weihnachten. :-)

Mein Fazit mit der Selbstübung Provokation und Lachen

Ich wünsche mir jetzt ein lockeres und gemütliches Fest, bei dem alle zusammen helfen und jeder macht wozu er Lust hat. Dass wir schöne Spielrunden, Gespräche und Spaziergänge miteinander haben werden. Dass wir die Verbindung und das Zusammensein genießen und gemeinsam lachen. Mal gucken, ob ich es jetzt relaxt angehen kann. Oh du Fröhliche…

Und jetzt bist DU dran mit der Übung, wenn du magst.

Schreib auf dem Papier 3-5 deiner wichtigsten Todo‘s zum Jahresende und karikiere dich selbst liebevoll. Lies es dir nochmal durch. Lass es einfach auf dich wirken und beobachte dich in den Nächsten Tagen. Was verändert sich?

Provokativer Geschenktipp zum Schluss

Falls dir noch ein kurzfristiges Geschenk zum Thema hilfreich ist. Eleonore (Noni) Höfner ist auch Kabarettistin und Buchautorin. Da sie provokative Paartherapie macht, hat sie sehr erheiternde Bücher dazu geschrieben. Nicht für Therapeuten, sondern für Jedermann und Jederfrau. Sie beschreibt das ewige Männer-Frauen-Thema herrlich karrikierend. Preisfrage ist: warum lachen wir darüber? Die beiden Paar-Bücher gibt es nur noch antiquarisch, es sind aber noch Etliche zu haben.

  1. Eleonore Höfner: Das bewegte Paar
  2. Eleonore Höfner: Die Kunst der Ehezerrüttung

Dann wünsche ich dir viel Vergnügen mit der Übung – Provokation und Lachen –  sowie gute Nachwirkung.

Liebe Grüße

Kathrin

P.S.: Möchtest du dir eine gute Basis zulegen, damit provokative Interventionen gelingen? Dann schau dich gerne auf meiner Kurse-Seite um! Alle Angebote, die das Lachen fördern, fördern deine Kreativität und Spontanität, die dir dabei hilfreich ist. Das Krönchen ist natürlich die Lachyoga Ausbildung. Gucken lohnt sich ;-)

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Mein Motto als Coach & Trainerin: weniger ist mehr! So zeige ich dir, wie du mit einfachen und leicht in den beruflichen Alltag zu integrierenden Tools von nur wenigen Minuten täglich deine Konzentrations-, Entscheidungs- , Kommunikationsfähigkeit sowie deine Widerstandskraft steigerst. Das schenkt dir mehr Energie für die wirklich wichtigen Dinge!

2 Kommentare » Schreibe einen Kommentar

  1. Ich will unbedingt der Kathrin noch auf ihren großartigen Blogartikel antworten. Doch was soll das? Habe ich nicht anderes zu tun? Stelle mir gerade vor, wie sie vor lauter Antworten gar nicht mehr zum Putzen kommt. (hi hi) Liebe Kathrin, danke für den unfassbar gut geschrieben Artikel. Habe große Lust mich mit Dir über Deine Erfahrungen auszutauschen. Denn seitdem ich Eleonore Höfner und Frank Farrely im Video live agieren sah, habe ich da so meine Vorurteile. Spannend zu hören, wie Du das siehst. Mir macht Dein Text Spaß und öffnet wieder ein Tor mehr, mich mit diesem Thema zu befassen. Doch das lasse ich jetzt und dieses Jahr sein, denn meine To Do Liste wartet ja auch auf mich. Am 24. trinke ich zwar nicht Cocktails in der Karibik sondern im Excelsior-Hotel in Köln. Danach essen wir lecker zu dritt und geputzt wird auch nicht. Jedenfalls nicht so dolle. In diesem Sinne, schön, dass es Dich gibt :) und Dir/Euch eine wunderbare Zeit bis nächstes Jahr, Deine Claudia

    • Daaanke, liebe Claudia, für dein empathisch-herzliches Feedback mit provokativer Einlage :-) Ich freue mich, dass ein Törchen (Adventstürchen?) einen Spalt aufging, hihi. Dann wünsche ich Euch eine wundervolle Weihnachtszeit und gute Erholung. Und ich freue mich auf Wiedersehen im neuen Jahr! Alles Liebe – Kathrin

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